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Wer kennt ihn nicht – den inneren Schweinehund? In meinen Seminaren taucht er zuverlässig auf, wenn es um Gewohnheiten geht: gesünder essen, mehr Bewegung, weniger intensive Handynutzung.

Der Wunsch ist da – mit der Willenskraft sieht das schon anders aus.

Warum nur bleiben diese Vorhaben so oft auf der Strecke?

Hier erfährst du, was sich dabei in deinem Kopf vor sich geht und was du tun kannst.

Es ist leichter als gedacht!

Zwei Systeme in deinem Kopf: wer steuert dich wirklich?

Stell dir vor, du kommst nach einem anstrengenden Tag nach Hause. Du hattest dir vorgenommen, noch ins Fitnessstudio zu gehen. Aber es war viel los – Meetings, ein Berg von Arbeit und viele Unterbrechungen.

In diesem Moment bekommst du es mit zu zwei Systemen in deinem Kopf zu tun: das impulsive Belohnungssystem (der Schweinehund auf dem Sofa!) und das planende System (dein Ziel). Je stressiger dein Tag war, desto eher gewinnt der Schweinehund.

Ein Dilemma? Nicht unbedingt!

Schauen wir genauer hin: dein Belohnungssystem ruft: „Jetzt aufs Sofa!“, dein planendes System denkt an das gute Gefühl, wenn du erschöpft, aber mit guter Laune aus dem Sport zurückkommst.

Je gestresster du bist, desto stärker gewinnt das sofortige Belohnungssystem. Für den Moment fühlt sich das gut an – du hast es dir verdient, vielleicht mit Chips oder der Schokolade.

Disziplin klingt gut – fühlt sich aber selten gut an

Später meldet sich das schlechte Gewissen: „Hätte ich doch…“ Oft höre ich dann: „Mir hat die Disziplin gefehlt. Andere Menschen haben sie – ich nicht!“ Kommt dir das bekannt vor?

Disziplin – das klingt anstrengend, oder? Viele spüren dabei einen inneren Widerstand. Tatsächlich bedeutet es: gegen den Impuls ankämpfen. Das kostet Energie.

Aber: Wir können das!

Zum Beispiel, wenn wir in einem Streit tief durchatmen, anstatt impulsiv zu reagieren. Oder wenn wir jemanden ausreden lassen, obwohl wir ihn am liebsten unterbrechen möchten.
Wir unterdrücken den Impuls – und regulieren uns später bewusst, indem wir uns die Situation in aller Ruhe noch einmal durch den Kopf gehen lassen.

Was ist was? Selbstkontrolle und Selbstregulation im Vergleich

Selbststeuerung heißt: Ich habe ein Ziel und plane mir den Weg dorthin. So, wie es zu mir passt. Ich habe das Steuer in der Hand.

Selbstkontrolle bedeutet: Ich halte durch, ich widerstehe oder kämpfe gegen den Impuls an.

Es sind zwei wichtige Fähigkeiten, die dein Verhalten und deinen Alltag beeinflussen: Selbstkontrolle und Selbstregulation. Sie hängen zusammen, sind aber nicht dasselbe.

Du wirst erfahren, worin der Unterschied liegt, wie du beides trainieren kannst – und warum es sich lohnt, den Fokus eher aufs Regulieren als aufs Kontrollieren zu legen.

Ganz konkret: Selbstkontrolle ist wichtig, klappt nicht immer

Selbstkontrolle bedeutet, kurzfristige Impulse zu unterdrücken, um langfristige Ziele zu erreichen.

  • Du öffnest Instagram nicht, obwohl es bestimmt was Interessantes gibt – weil du konzentriert arbeiten willst.
  • Du sagst Nein zum Kuchen, weil du dich gesünder ernähren möchtest.
  • Du gehst direkt zum Sport, weil du weißt, wie gut du dich danach fühlst.

Ja, das klingt tatsächlich nach Disziplin und Durchhalten. Klingt anstrengend? Ist es manchmal auch. Kontrolle fühlt sich nach Verzicht an.

Verzichten? Nö, kann man auch später noch. Morgen vielleicht. Oder dann, wenn es besser passt.

Selbstregulation – hier hast du das Steuer in der Hand!

Jetzt kommen wir zur Selbstregulation. Selbstregulation ist mehr als Kontrolle. Sie ist flexibel und strategisch. Sie steuert dein ganzes Verhalten – inklusive deiner Emotionen, Gedanken und Reaktionen. Klingt nach viel, ist aber überraschenderweise leichter!

  • Du spürst, dass du gehetzt bist – und hältst kurz inne, um durchzuatmen
  • Du passt deinen Arbeitsfluss an, wenn etwas nicht so gut funktioniert.
  • Du merkst, dass deine Konzentration nachlässt und machst bewusst eine kleine Pause.

Selbstregulation bedeutet, sich an die Situation anzupassen, sich emotional auszubalancieren und das Ziel im Blick zu behalten.

Kurz gesagt:
Selbstkontrolle heißt: Ich halte durch oder sogar – ich beiße mich durch!
Selbstregulation heißt: Ich steuere mich aktiv und bin dabei flexibel.

Und ja: Selbstkontrolle ist ein Teil von Selbstregulation.

Reguliere dich lieber – anstatt dich durchzubeißen!

Wenn du mit Disziplin gegen deine Impulse arbeitest, brauchst du viel Kraft.  Selbstregulation dagegen erlaubt dir, klug mit deinen Bedürfnissen umzugehen, anstatt sie zu unterdrücken.

Ein Beispiel? Du willst eigentlich arbeiten, greifst aber immer wieder zum Handy.
Statt dich nur zu „beherrschen“, frag nach dem Bedürfnis: Warum will ich aufs Handy schauen?

  • Bin ich gelangweilt? Über- oder unterfordert?
  • Brauche ich eine Pause, eine Abwechslung?
  • Komme ich gerade nicht weiter?

Allein diese kurze Achtsamkeit ist der erste Schritt zur Selbstregulation.

 So trainierst du Selbstregulation im Alltag 

Es ist ganz einfach, aber auf Dauer wirkungsvoll!

  • Tasse mit der linken Hand greifen (wenn du RechtshänderIn bist)
  • In der Kantine bewusst einen anderen als den Stammplatz wählen
  • Den Weg von der Arbeit nach Hause immer wieder ein klein wenig zu variieren

Dir fallen bestimmt noch weitere kleine Veränderungen im Alltag ein. Etwa Mini-Widerstände im Alltag einbauen:

  • Nur ein Browser-Tab öffnen
  • Erst zuhören, dann antworten
  • Die Treppe statt den Aufzug nehmen

Oder die „Nicht jetzt“-Strategie:

Wenn du einen Impuls spürst – schnell mal ein Snack holen oder in Social Media gucken, sag dir:

„Nicht jetzt – später vielleicht.“ Stell dir einen Timer auf 10 Minuten. Wenn der Impuls dann noch da ist, kannst du ihn bewusst abwägen. Das Interessante: meist ist der Impuls dann verschwunden.

Diese kleinen „Mini-Übungen“ stärken deinen Selbstregulations-Muskel – ohne großen Kraftakt.

Dafür lohnt es sich! 

Mit mehr Selbstregulation wirst du …

  • anpassungsfähiger – wenn etwas nicht nach Plan läuft
  • gelassener – in stressigen Momenten
  • zielorientierter – ohne dich selbst zu überfordern

Statt dich durchzubeißen, findest du Wege, die wirklich zu dir passen.

Fazit: Mehr Selbstführung, weniger Kraftakt

Sei freundlich zu dir – und trainiere dein inneres Steuerungssystem. Du musst nicht immer stark gegen dich selbst sein und Impulse unterdrücken.  Es reicht, klug mit dir umzugehen.

Selbstkontrolle braucht Willenskraft – Selbstregulation stärkt deine Selbstwirksamkeit.

Und das fühlt sich gleich ganz anders an!

Wenn du hier dranbleiben möchtest – Selbststeuerung und Selbstregulation ist ein Teil meines Seminars: Konzentration und Fokus schärfen oder eines Konzentrations-Coachings. In dem Fall ganz für dich angepasst.

 

Übrigens –  vielen Erwachsenen fällt es schon schwer genug, das Handy mal weniger zu nutzen. Wie geht es Kindern oder Jugendlichen damit? Was erleben Sie dort (übrigens auch in der Nacht!)

Hier der Link zu einem Interview mit dem Digitaltrainer Daniel Wolff, der auch ein Buch „Allein mit dem Handy“ dazu geschrieben hat.