Heute geht es um Bürowelten und Agilität. Es geht um die analoge Welt und die digitale Welt. Und dass Möbel doch viel mehr mit dem, wie wir die Welt sehen und in ihr agieren können, zu tun haben, als spontan gedacht. Es geht darum, wozu der Mensch imstande ist, wenn er die Möglichkeit dazu hat. Möbel sind ein Element dazu.
Ich war mal wieder mit IMPULSE auf Tour. Das Thema: „Leadership in Design und Konzept – die Entwicklung ganzheitlicher Arbeitswelten“. Die Tour führte zu Vitra in Weil am Rhein. Vitra baut Möbel und Läden und sogar Rutschen. Und Bürowelten in einem agilen Arbeitsumfeld. Vitra will Möbel bauen, die es bisher noch nicht gab, so kommt es, dass viele Produkte von Vitra in Museen stehen. Mehr zu Vitra
Der Blick nach draussen in eine Welt, die sich permanent verändert, verändert auch den Blick nach innen.
Inspirierend waren die Ausführungen von Rudolf Pütz von der Geschäftsführung und von Raphael Gielgen, dem Trendscout von Vitra. Dabei wurde ein großer Bogen gespannt, den ich so gar nicht erwartet hatte. Vor allem ging es immer wieder um neue Sichtweisen, vom Blick über den Gartenzaun. Von dem, was unser alltägliches Denken bestimmt und beeinflusst hinein in andere Denkwelten.
Denn in einer digitalen Welt kommen wir mit dem bisherigen ‚analogen‘ Verhalten nicht weiter. Es geht also darum, mit altem Verhalten zu brechen und immer wieder neue Sichtweisen zu erkunden. Ist das überhaupt möglich, wenn wir uns weiterhin in Räumen bewegen, die die alte Welt und das damit verbundene Denken repräsentieren? Eine interessante Frage. Jeder kennt bestimmt so eine Lebenssituation, wo sich etwas verändert hat und das unbedingt auch in der Raumgestaltung sichtbar gemacht werden muss. Ob es eine neue Wandfarbe ist, ein Möbelstück oder eine neue Anordnung.
Der flexibel einsetzbare Stool_Tool
Neu gestaltete Bürowelten ermöglichen andere Sichtweisen
Es stellt sich die Frage, was können ganz neu gestaltete Räume für das Denken bewirken? Welche neue Sichtweisen sind durch andere Blickwinkel möglich? Eine Frage, die bei Vitra gestellt wird, ist die, wie die Talente der Mitarbeiter entwickelt werden können. Wie kann sich das Besondere, was einen Mitarbeiter ausmacht, entwickeln? Welche Voraussetzungen sind dazu nötig?
Vom Mensch-ärger-dich-nicht zur X-Box
Der Trendscout von Vitra, Raphael Gielgen, brachte es auf den Punkt: ‚Wir leben mit alten Werten in einer neuen Welt.‘ Die alte Welt ist wie ein Mensch-ärgere-Dich-nicht Spiel. Es gibt einfache Regeln, viele Wiederholungen und Konkurrenzdenken. Wenn ich den anderen rauskicke, komme ich vielleicht als Erster ins Ziel.
Die neue Welt ist wie eine X-Box. Wir lernen jeden Tag etwas dazu und komme so auf ein neues Level. Wenn Sie nicht weiterkommen, fragen Sie jemanden, der sich schon auskennt oder eine Idee hat und so kommen Sie gemeinsam weiter. Es gibt keine Ende des Spiels, es geht immer weiter.
Die analoge trifft auf die digitale Welt
Im Unternehmen treffen die alte analoge und die neue, digitale Welt täglich aufeinander. Das spiegelt sich im Mobiliar, in der Technik und dem Stand der Digitalisierung wieder. Es ist das Denken in Prozessen, wie es schon immer war. Daneben wächst das neue Denken, das von Neugier und Offenheit geprägt ist und auf Vernetzung gebaut ist. Schon Charles Eames sagte in Bezug auf seine Designentwicklung: „Alles beginnt mit engen menschlichen Beziehungen. Da ist ein Freund, der sich mit etwas befasst. Er braucht etwas und man wird involviert.“ Das war 1957 und ist heute aktueller denn je.
Mehr dazu lesen Sie hier in einem Interview mit Raphael Gielgen.
Immer wieder um diese Gegensätze!
In unserem Leben bewegen wir uns zwischen den Polen von Bequemlichkeit und Erlebnisfaktor. Die Frage ist die nach der Dosis – wie viel von dem einen, wieviel von dem anderen brauchen wir jeweils? Oder wann ist welche Dosierung hilfreich und sinnvoll?
Die Bequemlichkeit ist nicht negativ zu sehen, denn sie steht für Sicherheit, für Vertrautes und Beständigkeit. In einem Unternehmen sind beide genauso wichtig wie die Offenheit für Neues, die Bereitschaft, Gewohntes zu hinterfragen und die Komfortzone zu verlassen. Gerade Gewohnheiten machen mehr als die Hälfte unseres Denkens aus, das macht schon Sinn, weil es Energiesparend ist. Sich nur mit Neuem auseinanderzusetzen, geht auf Dauer auch nicht. Es ist die Frage nach der passenden Dosierung.
Anders herum kann die Bequemlichkeit sogar als Basis für das Erlebnis dienen. Kreuzfahrten sind ein Beispiel dafür. Maximale Bequemlichkeit mit etwas Erlebnis gepaart. Andere möchten mehr Erlebnis, probieren sich aus, suchen zum Beispiel den Extremsport, um beim Klettern oder Snowboarden den Kick zu erleben.
Voraussetzungen zum Austausch schaffen
Je komplexer die Welt ist, desto mehr Bedeutung bekommt das Erleben. Die damit verbundene Emotion bleibt in Erinnerung und das ist es, was wir gerne weitererzählen und damit auch selbst wiederum stärker im Gedächtnis verankern.
Die Neugier ist der Schlüssel, um über das Gewohnte hinauszublicken. Die richtige Dosis ist sicherlich noch ein Faktor, der individuell und von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich ist. Manche vertragen mehr davon, andere kommen schon mit kleinen Dosierungen an ihre Grenze. Doch je häufiger Sie es probieren, desto offener werden Menschen und damit auch die Unternehmen, in denen sie arbeiten.
Wann haben Sie sich das letzte Mal inspirieren lassen?
- Den Blick nach draussen über den eigenen Gartenzaun gerichtet und mit Erstauen gesehen, was dort möglich ist?
- Sich mit anderen darüber ausgetauscht?
Mehr zu Rapahel Gielgen im Interview über Trendforschung bei Vitra.
Der Raum verbindet die Gegensätze
Räume in Unternehmen orientieren sich zunehmend an öffentlichen Räumen. Sie schaffen Platz für Begegnung und Austausch. New Work bietet offene Räume für das Teilen von Erfahrungen, für das gemeinsame Entwickeln von Ideen. Das setzt Wohlfühlen voraus. Statt funktionalen und nüchternen Räumen wohnliche Umgebungen. Dazu gehören gerade in einer digitalen Welt die Farben und die Wahl der Materialien, die Haptik.
Beispiele, wie die Verbindung der Gegensätze aussehen kann, finden Sie hier in dieser Bildergalerie, die die Zentrale von Airbnb zeigt.
All das zusammen erzeugen sie ein Gefühl der Erdung, im besten Fall eine Identifizierung, ein Dazugehören. Dazu fiel mir wieder die Kernaussage von Gerald Hüther, einem bekannten Hirnforscher, ein: laut Hüther sind unsere Grundbedürfnisse die nach Zugehörigkeit, nach Verbundenheit und nach Sinn in dem, was wir tun.
Übertragen könnte das hier so zu verstehen sein:
- Zugehörigkeit – zu den Werten und der Kultur eines Unternehmens
- Verbundenheit – mit den Menschen und der Umgebung
- Sinn – es lohnt sich, Energie einzusetzen
Wie sieht Ihr Raum aus, in dem Sie arbeiten? Oder anders herum:
In welchem Raum möchten Sie sich in Zukunft aufhalten?
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