Hoppla, schon wieder abgelenkt anstatt konzentriert zu sein?
Habe ich Sie gerade abgelenkt? Ist Ihre Konzentration gerade auf Abwegen? Oder sind Sie neugierig, was es mit dieser Überschrift auf sich hat? Ja, darum geht es: um Ihre Konzentration. Ihre Kapazität ist begrenzt, auch wenn wir das nicht immer wahrhaben wollen. Was schätzen Sie, wie lange bleiben Sie konzentriert an einer Sache dran? Wie oft werden Sie unterbrochen oder sind selbst anfällig für Ablenkungen?
Sich aus der Arbeit rausreissen lassen, das ist bei Gefahren sinnvoll. Wenn zum Beispiel der Brandmelder losgeht und Sie schnell reagieren müssen. Im Arbeits- und erst recht im Lernalltag sind die vielen täglichen Ablenkungen und Unterbrechungen Zeit- und Energiefresser für die Konzentration. Denn diese Ressource ist begrenzt.
Inhaltsverzeichnis
Wozu Sie die knappe Ressource Konzentration unbedingt brauchen
Ohne die Fähigkeit zur Konzentration würden wir im Alltag gar nicht klarkommen. Den Tag planen, Ziele definieren, Entscheidungen treffen und Probleme lösen. Wichtiges vom Unwichtigen unterscheiden, Prioritäten setzen. Beobachten und Schlüsse daraus ziehen. Zuhören. Sich in komplexe Zusammenhänge hineindenken. Neues lernen.
All dies findet an einer elementaren Schnittstelle statt, im PFC. Das ist keine Abkürzung für einen Bodenbelag, sondern die für den Präfrontalen Cortex. Der befindet sich hinter der Stirn. Im Folgenden bezeichne ich diesen Bereich sehr vereinfacht (damit Sie Ressourcen sparen und aufmerksam dem Text folgen können) als Stirnhirn. So klein er ist, verbraucht dieser Bereich enorm viel Energie und ist zudem schnell überlastet. Denken Sie mal an Ihr letztes Meeting, an die vielen Informationen und Gesprächsfetzen. Was ist Ihnen davon überhaupt im Gedächtnis geblieben? Nur ein kleiner Teil. Wahrscheinlich das, was Sie sich notiert haben. Oder was sehr bedeutsam für Sie war.
Leuchtende Farben oder Grauschleier?
Das, woran Sie sich erinnern, das hat Ihr Stirnhirn besonders hervorgehoben. Es ist so, als ob das in leuchtenden Farben erscheint. Und all das andere, was auch noch in Ihrem Umfeld passiert, wird gehemmt, mit einem Grauschleier überzogen. Genau das bewirkt Ihre Konzentration: bestimmte Bereiche werden holen Sie sich klar in den Vordergrund, andere treten in den Hintergrund. Das eine wird aktiviert, das andere gehemmt. Wirklich alles wahrnehmen, was um Sie herum passiert, das geht schlichtweg nicht.
Ein Beispiel: Wenn Sie diesen Text lesen und nebenher noch ein Telefongespräch führen, das bringt Ihr Stirnhirn ganz schnell an seine Belastungsgrenze. Was ist denn jetzt wichtig? Im ungünstigsten Fall wissen Sie noch, mit wem Sie telefoniert und dass Sie zeitgleich etwas gelesen haben. Um was es jeweils ging, das ist weg. Natürlich ist das übertrieben, denn so verhalten Sie sich ja nicht. Oder etwa doch?
Nachlassende Konzentration kostet Zeit, Geld und einen Teil Ihres IQ!
Viele Fehler, Unachtsamkeit und Unfälle passieren aufgrund mangelnder Konzentration. Unfall- und Schadenversicherer zahlen in Deutschland jedes Jahr 60 Milliarden. Viele Unfälle passieren, weil Menschen abgelenkt, müde oder einfach mit ihren Gedanken woanders sind. Im Straßenverkehr, aber auch zu Hause. Da, wo man sich sicher fühlt. Das liegt mit daran, dass wir unsere eigenen Fähigkeiten überschätzen und die Signale für Pausen nicht rechtzeitig wahrnehmen. Oder nicht wahrnehmen wollen und die Signale schlichtweg ignorieren.
Warum lassen wir uns bloss so einfach ablenken?
Wenn das Stirnhirn überlastet oder eben müde ist, lässt das klare Denken nach. Wir werden anfälliger für Ablenkungen. Insbesondere für etwas, entweder neu und interessant ist. Idealerweise etwas, was mit wenig Anstrengung unser Belohnungssystem aktiviert. Da ist das Handy mit den Push-Meldungen immer willkommen. Perfekt, wenn es etwas Neues, Unerwartetes oder Witziges ist. Das Gehirn schüttet Neurotransmitter wie Dopamin aus, eine kleine Dosis einer Belohnung für die Abwechslung. Dafür sind Sie besonders empfänglich, wenn die Tätigkeit langwierig oder monoton ist und Belohnungen dafür meilenweit entfernt sind.
Um Missverständnissen gleich hier vorzubeugen – selbstverständlich gibt es für konzentriertes Arbeiten auch eine Belohnung in Form von Neurotransmittern wie Dopamin (Ziel erreicht) und Endorphine. Die Freude und die Zufriedenheit, dass ein Teilschritt abgeschlossen oder ein Ziel erreicht ist. Doch wenn Sie mittendrin ein Tief haben, die Arbeit sich hinzieht, dann ist Ablenkung willkommen.
Einmal abgelenkt, braucht es wiederum ein Vielfaches an Zeit und Energie, um zur ursprünglichen Aufgabe zurückzukehren. Die Forschung um Gloria Marc spricht von 23 Minuten, um wieder in die ursprüngliche Konzentration zurückzukehren. Je häufiger Sie abgelenkt oder unterbrochen werden – desto anfälliger werden Sie dafür. Das ist auf Dauer fatal, weil Sie in einem Kreislauf gelangen, der ja wieder mit ‚Belohnungen für Neues ohne Anstrengung‘ gekoppelt ist.
Mein Tipp, um Ablenkungen zu reduzieren
Wenn Sie sich konzentrieren wollen, räumen Sie möglichst viele potenzielle Ablenkungen aus dem Blickfeld. Das Smartphone gehört mit dazu! Und wenn das nicht möglich sein sollte, schalten Sie es auf lautlos. Das ist zwar nicht perfekt, aber schon etwas besser.
Das gleiche gilt für eintreffende Mails – Teaser abschalten, minimieren, auf lautlos stellen. Ihre Konzentration spart Energie, weil sie weniger aktiv ausblenden muss.
Multitasking ist der ultimative Energieverschwender
Doch das ist alles harmlos, gemessen an der Energieverschwendung, wenn Sie vor lauter ‚Das-muss-ich-heute-noch-alles-erledigen!‘ in den Multitasking Modus fallen. Zugegeben, es fühlt sich verdammt produktiv an, mehrere Dinge auf einmal zu tun. So effektiv und effizient! Im beruflichen und natürlich erst recht im privaten Alltag ist Multitasking für viele ganz normal. Doch für den Energiepegel Ihres Stirnhirns ist es fatal.
Multitasking funktioniert nur dann, wenn Sie tatsächlich zwei verschiedene Dinge auf einmal tun. So können Sie Radfahren und sich dabei unterhalten. Für die Bewegungsabläufe beim Radfahren ist das Kleinhirn zuständig. Ihr Stirnhirn hat freie Ressourcen für die Strecke und Sie können sich sogar mit Ihrem Mitfahrer unterhalten. Oder gar diskutieren. Bis zu dem Punkt, an dem Sie an eine Wegkreuzung kommen und entscheiden wollen, wie Sie weiterfahren. Wohl kaum jemand würde auf die Idee kommen, jetzt weiter zu diskutieren und gleichzeitig die Beschilderung zu lesen und sich neu zu orientieren.
Multitasking oder: wie oft räumen Sie Ihr Büro um?
Im Multitasking Modus merken Sie es kaum: Ihr Gehirn kann schnell umschalten, benötigt dafür aber Zeit. Um beim obigen Beispiel, dem Wechsel von Gespräch zu Orientierung der Strecke zu bleiben: Im Gespräch sind die Netzwerke in Ihrem Gehirn, die für das Sprechen zuständig sind, aktiviert. Für die Orientierung müssen diese kurz zur Seite und andere Netzwerke hervorgeholt werden.
Die gerade noch aktiven Gesprächsnetzwerke werden dabei quasi ausgelagert, in einen Nebenraum gestellt. Wenn die Fahrt weitergeht, werden die Orientierungsnetzwerke zurück und die Gesprächsnetzwerke wieder hervorgeholt. Beides gleichzeitig hat in Ihrem Stirnhirn keinen Platz, weil die Kapazität begrenzt ist. Deswegen dieses Hin- und Her, das zwar schnell geht – Sie merken es meistens nicht – aber Energie verbraucht.
Stellen Sie mal vor, Sie würden immer wieder etwas, was Sie für Ihre Arbeit brauchen, in einen Nebenraum stellen. Um es kurze Zeit später wieder zurückzuholen. Nicht nur einmal, sondern x-mal hintereinander.
Das braucht Zeit. So ist es mit dem Multitasking auch. Wenn Sie unterbrochen werden – oder sich selbst unterbrechen, um Mails zu checken, schnell eine WhatsApp Nachricht zu lesen oder eine andere Aufgabe dazwischenschieben, brauchen Sie bis zu 50% länger dafür und die Wahrscheinlichkeit für Fehler steigt ebenfalls um 50%! Da Ihr Gehirn fix sein kann (für Gefahren ist das überlebenswichtig!) Macht es das Tempo mit. Auf Dauer ist das Energieverschwendung, denn die fehlt an anderer Stelle.
Noch nicht überzeugt?
Doch damit nicht genug. Abgesehen vom Gefühl der Hektik und des Stresses, dem Sie sich aussetzen, sinkt Ihr Intelligenzquotient um bis zu 15 Punkte! Keine gute Basis, um noch schnell zwischendrin Entscheidungen zu treffen, oder? Oder Probleme zu lösen – die werden im besten Fall nur noch hin- und her gewälzt.
Wann sind Sie anfällig?
Beobachten Sie sich mit den diesen Fragen und notieren Sie Ihre Antworten.
- Was hat sich an Gewohnheiten eingeschlichen, die Ihre Konzentration torpedieren?
- Bei welchen Gelegenheiten rutschen Sie in den Multitasking Modus?
- Wie lange hält das an und wie wirkt es sich auf Ihre Konzentration aus?
- Wann werden Sie anfälliger für Ablenkungen – oder lenken sich selbst ab, indem Sie in Gedankenschleifen geraten?
- Welche Ablenkungen sind Ihre Favoriten?
5 Tipps, um die Konzentrationsenergie schnell wieder aufzubauen
Wie schon eingangs kurz erwähnt, oft überschätzen wir unsere Konzentrationsfähigkeit. Parallel dazu werden Pausensignale ignoriert ‚Geht noch!‘. Wobei schon kleine Pausen ein Gewinn sind und dem Stirnhirn die Chance geben, mal durchzuatmen. So können Mini-Pausen von 4-7 Minuten aussehen, die wirklich was bringen:
- Einfach aus dem Fenster schauen, Gedanken loslassen
- Den Arbeitsplatz verlassen, was zum Trinken holen
- Bewegen, sich recken und strecken, dehnen und gähnen
- Das Gehirn in den Leerlauf bringen, keine weiteren Inputs z.B. über das Smartphone
- Atmen, bewusst den Atem und die damit verbundenen Bewegungen wahrnehmen, kann auch mit dem Zählen (zum Beispiel bis 5 beim Einatmen, bis 5 beim Ausatmen) verbunden werden.
Schützen Sie Ihre Ressource Konzentration
Ihre Konzentration ist wertvoll, schützen Sie Ihre Ressource, denn so viele wollen etwas davon. Jede Ablenkung, ob von aussen oder von innen, verringert Ihre Ressource. Wir überschätzen unsere Konzentrationsfähigkeit und vergessen die Pausen. Denn – anders als bei anderen Ressourcen – Ihre Konzentration kann sich wieder erholen. Das passiert in der Nacht und in den Pausen. Oder wenn Sie draussen sind und sich bewegen, wenn Sie sich entspannt unterhalten oder etwas Leckeres essen und geniessen. Oder einfach nur bewusst atmen oder meditieren (dazu gibt es viele Studien).
Was im Alltag hilft, sind Arbeitsrituale. Die Arbeitspakete mit überschaubarem Umfang, sowohl inhaltlich als auch zeitlich. So, dass Sie Ihnen bewusst ist, dass Sie vorankommen.
Produktivität ist das eine, Zufriedenheit das andere. Und wenn Sie sogar in den Konzentrations-Flow kommen und gar nicht merken, wie die Zeit vergeht, dann werden Endorphine ausgeschüttet, Sie fühlen sich gut. Zufriedenheit ist fast schon garantiert.
Übrigens, in eigener Sache
Bei der Recherche zu diesem Blogartikel ist mir aufgefallen, dass ich den ersten bereits 2018 geschrieben habe! Ich bin auf das Thema gekommen, weil Lernende immer wieder mit ihrer Konzentration hadern. Oft, weil das Lernen so langweilig und öder empfunden wird. (Das geht auch anders und ist Thema eines anderen Seminars.)
Inzwischen leidet die Konzentration derart unter Ablenkungen, die sich in unseren Alltag geschlichen haben, dass es Zeit ist, sich die Aufmerksamkeit wieder zurückzuholen!
Wenn Sie Ihre Konzentration stärken wollen, hier geht es zum Inhouse-Training. Online mit Transferbegleitung, damit Veränderungen wirksam werden.
(Auch ein reiner Onlinekurs ist geplant…. der braucht aber noch Zeit, weil sich andere Projekte mit noch mehr Priorität in die Pipeline geschoben haben! Da geht es ums Lernen – ohne Konzentration läuft da nichts!)
Wenn Sie mehr über mein Seminar wissen wollen, schreiben Sie mir: mail@margit-reinhardt.de